Diakonie macht Druck für die Pflege mit Promis und Petition
"Auch Du brauchst Pflege. Irgendwann", steht da auf dem Plakat neben einem stark gealterten Eckart von Hirschhausen (Foto). Der bekannte Mediziner und Schauspieler wie Anna Maria Mühe und Oliver Mommsen unterstützen die Kampagne der Diakonie Deutschland, die Probleme der Pflege ins Bewusstsein der Öffentlichkeit zu rücken und im anstehenden Bundestagswahlkampf zum zentralen Thema zu machen. Eine Petition "Mach Dich #StarkFuerPflege!" soll zudem die Politik zu einer Pflegereform drängen.
Telematikinfrastruktur: Eine Branche unter Druck
Die Pflegebranche steht unter großem Druck: Personalmangel, Tariflohnbindung und wachsende Anforderungen erschweren den Alltag vieler Pflegedienste. In dieser Situation könnte die Telematikinfrastruktur (TI) den entscheidenden Unterschied machen, um den Arbeitsalltag zu erleichtern und die Versorgungsqualität zu verbessern. Allerdings ist der Weg dorthin anspruchsvoll – und die damit verbundenen Anforderungen dürfen keinesfalls unterschätzt werden. Care vor9
"Ohne eine grundlegende Reform steht die Pflege vor dem Kollaps", erklärt Diakonie-Präsident Rüdiger Schuch. Mit sechs Kernforderungen setzt die Diakonie auf einen radikalen Umbau der Pflegeversicherung, die in eine Vollversicherung umgewandelt werden soll. "Es kann nicht sein, dass pflegebedürftige Menschen weiterhin durch hohe Eigenanteile belastet werden, die ihre Renten oft übersteigen", so Maria Loheide, Sozialvorständin der Diakonie. Sie fordert eine gerechte Aufteilung, bei der Pflegebedürftige nur noch einen kalkulierbaren Eigenanteil zahlen müssen.
Diakonie erwartet von Lauterbach-Reform wieder nur eine Notlösung
Die Diakonie bringt in ihrem Sechs-Punkte-Plan Lösungen, um pflegende Angehörige und Pflegebedürftige nachhaltig zu unterstützen. Ein zentraler Punkt ist die Absicherung pflegender Angehöriger, die oft die Hauptlast tragen. "Ohne pflegende Angehörige wäre die Versorgung vieler gar nicht zu stemmen", betont Schuch. Neben Lohnersatz und Rentenansprüchen fordert die Diakonie die Ausweitung von kommunalen Präventionsangeboten, darunter regelmäßige Hausbesuche ab 75 Jahren, um frühzeitig Unterstützung anzubieten.
Auch in der Arbeitswelt der Pflege fordert die Diakonie Veränderungen: Attraktive Arbeitsbedingungen sollen dem Fachkräftemangel entgegenwirken, dazu gehören verlässliche Dienstpläne, mehr Verantwortung und gezielte Aufstiegschancen. Die Diakonie habe dazu intern viele Initiativen angestoßen, sagt Loheide. "Wir arbeiten daran", zum Beispiel mehr Eigenverantwortung an die Teams zu geben, wenn es um die Organisation der Arbeit gehe. Dringend notwendig sei ein Bürokratieabbau. Es könne nicht sein, dass Pflegekräfte die Hälfte ihrer Zeit mit der Dokumentation ihrer Arbeit zubringen müssten, ergänzt Diakonie-Präsident Schuch.
Loheide äußert scharfe Kritik an der bisherigen Pflegepolitik der Bundesregierung. "Eine kurzfristige Reform, wie sie Gesundheitsminister Lauterbach ankündigt, ist bestenfalls wieder nur eine Notlösung." Sie fordert stattdessen ein zukunftssicheres System, das die Pflegebedürftigkeit durch Prävention hinauszögert und den Übergang in stationäre Pflegeeinrichtungen finanzierbar hält. Die Forderung nach einer Pflegevollversicherung bildet daher das Herzstück der Diakonie-Kampagne, die bis zur Bundestagswahl laufen soll.
Mit Promi-Kampagne die Pflege in die Parteiprogramme bringen
Für ihre Kampagne hat die Diakonie prominente Unterstützer gewonnen, zum Beispiel die Schauspieler Benno Fürmann, Anna Maria Mühe und Oliver Mommsen. Sie alle wurden für die Kampagne künstlich älter gemacht und sind auf den Fotos selbst pflegebedürftig. Die Motive sollen über Social Media, im Internet und auf Großplakaten Aufmerksamkeit erregen. Die Diakonie will außerdem auf Parteitagen präsent sein, um Druck auf die Politik zu machen. "Wir wollen, dass die Pflege in den Parteiprogrammen nicht mit fünf Zeilen auf Seite 20 abgehandelt wird, sondern prominent ganz vorne", so Präsident Schuch.
Die Diakonie startete zudem die Petition "Mach Dich #StarkFuerPflege!", die politische Parteien auffordert, die Reform als zentrales Projekt für die kommende Legislaturperiode anzusehen und umzusetzen. Unterstützt wird die Petition von weiteren Verbänden und Gewerkschaften, darunter die AWO, der Paritätische Gesamtverband und Verdi. Am ersten Tag haben sich bereits mehr als 1.500 Unterstützer der Petition eingetragen.
Thomas Hartung