Koalition verspricht eine große Pflegereform
Die Altenpflege umfasst im Koalitionsvertrag gerade einmal eine Seite. Der Passus ist, nicht wenig überraschend, größtenteils eine kondensierte Version des Papiers der Koalitions-Arbeitsgruppe Gesundheit und Pflege. Die Koalition verspricht eine große Pflegereform, die zusammen mit den Bundesländern erarbeitet werden soll. Vieles bleibt im Koalitionsvertrag allgemein formuliert, ein paar Aspekte sind aber auch zugespitzt.

Jens Schünemann
Nun heißt es für die Pflegeversicherung: Auf den Pfennig achten, nicht mehr ausgeben, als reinkommt
Hilfe bei Inkontinenz durch Blasenschwäche und Übergewicht
Übergewicht ist in Deutschland weit verbreitet: Rund 54 Prozent der Erwachsenen sind betroffen, einschließlich Adipositas. Besonders ältere Menschen leiden häufiger darunter. Ein zu hohes Körpergewicht belastet den Beckenboden und kann zu Blasenschwäche führen. Etwa 3,4 Millionen Menschen in Deutschland kämpfen mit Adipositas und begleitender Urin-Inkontinenz, was häufig zu sozialer Isolation und noch mehr Gewicht führt. Mehr erfahren
Was sofort ins Auge fällt: Die Koalition macht deutlich, dass eine Leistungsausweitung der Pflegeversicherung in den nächsten vier Jahren ein Tabu sein soll. Es soll nicht mehr Geld ausgegeben als eingenommen, der Beitragszahler nicht weiter belastet werden. Eine geplante Bund-Länder-Gruppe auf Ministerebene ist aufgerufen, sich über "Leistungsumfang, Ausdifferenzierung der Leistungsarten sowie Bündelung und Fokussierung der Leistungen" Gedanken zu machen.
Stärkung von ambulanter Pflege und Angehörigen
Auch lässt sich eine Bewegung weg von der stationären Langzeitpflege herauslesen. Schließlich heißt es ziemlich zu Beginn des Pflegepassus, dass die ambulante und häusliche Pflege gestärkt werden soll. Außerdem steht auf der neun Punkte umfassenden To-do-Liste für die Bund-Länder-Gruppe gleich an dritter Stelle, sie möge "Möglichkeiten zur Stärkung der pflegenden Angehörigen" finden. Schon zuvor weisen die Koalitionäre daraufhin, dass für es Pflegebedürftige und Angehörige möglich sein soll, Leistungen "einfach und bürokratiearm" in Anspruch zu nehmen.
Klares Bekenntnis zu Stambulant
In puncto stambulante Pflege ist der Koalitionsvertrag entschiedener formuliert: Ist im AG-Papier nur von "Modellprojekt" die Rede, fällt im Koalitionsvertrag auch der Begriff "Regelleistung". Wörtlich heißt es in der To-do-Liste für die Bund-Länder-Gruppe: "Stärkung der sektorübergreifenden pflegerischen Versorgung und Übernahme von Modellprojekten (wie zum Beispiel 'stambulant') in die Regelversorgung."
Corona-Dokumentationspflichten sollen entfallen
Zum Bürokratieabbau in der Altenpflege bekennt sich die Koalition sogar im meistens eher allgemein gehaltenen Passus unter der Überschrift "Bürokratieabbau im Gesundheitswesen": "Wir überprüfen Datenschutzvorschriften und alle Berichts- und Dokumentationspflichten, insbesondere im SGB XI auf ihre zwingende Notwendigkeit. Berichts- und Dokumentationspflichten, die aufgrund der Corona-Pandemie eingeführt wurden, schaffen wir ab."
Einige offene Projekte der alten Regierung sollen nun angepackt werden. "Kurzfristig bringen wir Gesetze zur Pflegekompetenz, Pflegeassistenz und zur Einführung der 'Advanced Practice Nurse' auf den Weg und sichern den sogenannten 'kleinen Versorgungsvertrag' rechtlich ab", heißt es im Koalitionsvertrag.
Der Koalitionsvertrag steht auf der Seite der CDU zum Download bereit. Die Ausführungen zur Pflege finden sich auf den Seiten 105 bis 113.
Kirsten Gaede