BAD: Fristen zur Digitalisierung der Pflege unrealistisch
Ob lebenslange Beschäftigungsnummer, vollelektronische Abrechnung, Telematikinfrastruktur oder elektronische Verordnung der Häuslichen Krankenpflege – alle diese Vorhaben ließen sich nicht in dem Zeitrahmen umsetzen, wie von der Politik vorgegeben, heißt es beim Bundesverband Ambulante Dienste und Stationäre Einrichtungen (BAD) und begründet dies mit Fakten. Der Verband fordert deshalb, alle Fristen auf Anfang 2027 zu verschieben.
In der Vergangenheit seien schon so viele Digitalisierungs-Zeitpläne verschoben worden, etwa für das E-Rezept und das Beschäftigungsverzeichnis in der ambulanten Pflege. Jetzt sei abzusehen, dass die Termine nicht eingehalten werden könnten. "Deshalb glauben Pflegeeinrichtungen nicht mehr an die Fristen und verweigern sich zunehmend, weil sie Sorge haben, veraltete Technik zu besitzen, wenn es dann wirklich losgeht", sagt BAD-Geschäftsführerin Andrea Kapp.
Diese fünf Bereiche brauchen Aufschub
Schon die hohen Sicherheitsbedürfnisse stellten an die Technik große Anforderungen, die nicht einfach umzusetzen seien. Ein harter Schnitt sei nötig, um einen realistischen Zeitplan zu erarbeiten, der auch wirklich eingehalten werden könne. "Und zwar so, dass das System funktioniert und nicht für alle einen Mehraufwand ohne Entlastung bedeutet", heißt es beim BAD.
Aufschub bis Anfang 2027 fordert der 1.500 Mitglieder starke Verband für die:
- TI-Anschlusspflicht für Kassen und Einrichtungen
- Einführung der elektronischen Verordnung der Häuslichen Krankenpflege (eVO HKP) für Kassen und Einrichtungen
- Pflicht zur vollelektronischen Abrechnung für Kassen und Einrichtungen
- Pflicht zur Nutzung der lebenslangen Beschäftigungsnummer für Kassen und Einrichtungen
- Pflicht zur elektronischen Leistungserfassung mit finanzieller Förderung der technischen Voraussetzungen
Als Beispiel für die chaotische Planung der Digitalisierung in der Altenpflege führt der BAD unter anderem die am 1. September abgelaufene Frist an, die zur Nutzung der lebenslangen Beschäftigtennummer (LBNR) für die Abrechnung verpflichtet. "Dass dazu elektronische Leistungserfassung erforderlich ist, ist allerdings weitgehend unbekannt. Das Projekt ist trotz zweifacher Verschiebung nicht umsetzbar und nicht bei allen Kassen können die zu versendenden Daten gelesen werden", so der BAD.
Zum Beispiel die Sache mit den Smartcards...
Ein weiteres Beispiel ist für den BAD die Telematikinfrastruktur, die zur Jahresmitte 2025 bindend sein soll. Circa 36.000 Pflegeeinrichtungen sollen zu diesem Zeitpunkt angeschlossen sein. Mitte August dieses Jahr waren es erst 778. "Pro Woche müssten also ab jetzt gut 800 Einrichtungen angeschlossen, also mit Hard- und Software versehen werden, Smartcards erhalten, Installationen vornehmen und Mitarbeitende schulen", rechnet der BAD vor. Nur: Das elektronische Gesundheitsberuferegister, das für die Herausgabe der Smartcards zuständig ist, könne augenblicklich nicht mehr als 200 Kartenanträge pro Woche bearbeiten.
"Dass Pflegeeinrichtungen das System, ihre Pflichten und auch nicht ins Gesetz geschriebene, aber faktisch notwendige Voraussetzungen wie die elektronische Datenerfassung bei den Leistungen, nicht mehr durchschauen, ist aus diesem Grunde gut nachvollziehbar“, sagt Kapp.