Mit Pflege-CIRS Fehler melden und Qualität verbessern
Das Zentrum für Qualität in der Pflege (ZQP) hat ein spezielles Pflege-CIRS entwickelt, das nun allen Pflegeheimen und Pflegediensten kostenlos zur Verfügung steht. CIRS steht für Critical Incident Reporting System und ist in Krankenhäusern bereits weit verbreitet. Die Idee: Mitarbeiter melden anonym kritische Ereignisse, also Fehler oder Beinahe-Fehler, damit diese analysiert werden können. Am Ende stehen Lösungsvorschläge, wie solche Vorfälle in Zukunft vermieden werden können.

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Fehler sind unangenehm, aber meistens lässt sich viel aus ihnen lernen
Beim CIRS geht es ausdrücklich nicht darum, Schuldige zu finden. Im Mittelpunkt steht vielmehr der Gedanke, dass man aus Fehlern oder Beinahe-Fehlern lernen kann, indem man beispielsweise Abläufe verändert oder Produkte austauscht. "Wenn beispielsweise Fehler in der pflegerischen Versorgung auftreten, kann das zu Ängsten oder Gefühlen von Hilflosigkeit oder auch Scham führen. Ein Pflege-CIRS kann dabei unterstützen, solche Muster aufzubrechen, für das Thema zu sensibilisieren, Hemmschwellen abzubauen und Lerneffekte zu fördern", sagt Daniela Sulmann, Geschäftsleiterin im ZQP. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten zu dem Thema:
Wie funktioniert das Pflege-CIRS?
Das digitale Berichts- und Lernangebot des ZQP ist niedrigschwellig. Über eine Eingabemaske können kritische Ereignisse vollständig anonym berichtet werden. Dies können Ereignisse sein, die selbst erlebt oder beobachtet wurden, etwa aus den Bereichen Hygiene, Medikation, Mobilisation oder auch Gewaltvorkommnisse. Das ZQP antwortet darauf mit praxisorientierten Anregungen zur Prävention und zum Umgang damit. Die Berichte und Empfehlungen werden veröffentlicht. Rückschlüsse auf beteiligte Personen oder Organisationen sind nicht möglich.
Alle Mitarbeiter in ambulanten und stationären Pflegeunternehmen können das CIRS nutzen, insbesondere Pflegefachkräfte, Pflegeassistenten, Qualitätsbeauftragte und Leitungskräfte. Das Lernangebot kann zudem für die Pflegeausbildung und Pflegefortbildung hilfreich sein.
Ist die Anonymität wirklich gesichert?
Ja, die Einträge im Pflege-CIRS sind anonym möglich (wie auch im CIRS für die Kliniken). Die Berichte sollen daher keine personenbezogenen Daten enthalten. Sollte das dennoch passieren, werden sie vom CIRS-Team anonymisiert, E-Mail-Adressen werden technisch verschlüsselt.
Hilfreich sei aber, die Umstände so detailliert wie möglich zu beschreiben, damit das CIRS-Team dann eine passende Empfehlung dazu erstellen kann, heißt es beim ZQP. Also nicht nur: Falsches Medikament gegeben. Besser ist genau zu schildern, wie es zu dem kritischen Ereignis gekommen ist und ob, beziehungsweise welche Konsequenzen es hatte. Aus den Berichten und Empfehlungen lassen sich dann Erfahrungen und Fachwissen teilen, daraus lernen und Schlüsse für den eigenen Bereich ziehen.
Soll nur von Ereignissen mit negativen Folgen berichtet werden?
Nein, im CIRS werden auch Beinahe-Fehler beziehungsweise kritische Ereignisse, einschließlich Fehler gemeldet, die keine negativen Folgen hatten. Sie sind genauso interessant wie folgenreiche Ereignisse, weil sie Hinweise auf mögliche Fehlerquellen oder Ursachen bieten. Ein Beispiel: Die Pflegefachkraft Emma Heine zieht 30 Einheiten Insulin für Erika Peters auf. Sie schaut nicht in die Dokumentation, weil sie die Bewohnerin kennt, ihr schon häufiger Insulin verabreicht hat und sich ziemlich sicher ist, dass die Dosis 30 Einheiten beträgt. Kurz bevor sie das Insulin spritzt, fragt die Bewohnerin: „Das sind 25 Einheiten, nicht wahr? Die Ärztin hat die Dosis reduziert.“ Die Pflegefachkraft schaut daraufhin noch einmal in die Dokumentation und stellt fest, dass es tatsächlich nur noch 25 Einheiten sind.
Obwohl die Bewohnerin letztlich die richtige Dosis erhalten hat, ist der Beinahe-Fehler von großem Interesse, weil es Kolleginnen und Kollegen geben könnte, die ebenfalls auf den Blick in die Dokumentation verzichten, weil sie sich ähnlich sicher fühlen wie Emma Heine.
Was müssen Altenpflege-Einrichtungen machen, um am CIRS teilzunehmen? Wie kann das Pflege-CIRS genutzt werden?
Das Pflege-CIRS ist über eine Webseite des ZQP über verschiedene Endgeräte wie Smartphone, Laptop, etc. frei zugänglich sein, das heißt kostenlos und ohne Anmeldung.
Verbände, die das Pflege-CIRS unterstützen:
Zu den kooperierenden Verbänden gehören: AWO Bundesverband, Deutscher Caritasverband, Diakonie Deutschland, Deutsches Rotes Kreuz, Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband, Arbeitgeber- und Berufsverband Privater Pflege, Arbeitsgemeinschaft Privater Heime und Ambulanter Dienste Bundesverband, Bundesverband Ambulante Dienste und Stationäre Einrichtungen, Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste, Verband Deutscher Alten- und Behindertenhilfe, Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe, Aktionsbündnis Patientensicherheit.
Kirsten Gaede