Wieder ist eine Räumungsklage gegen Bewohnerin rechtskräftig
Erst kürzlich hat das Landgericht Essen die Räumungsklage eines Pflegeheims gegen eine Bewohnerin bestätigt. Nun schildert die Rechtsdepesche einen weiteren Fall: Dieses Mal geht es um eine Bewohnerin, die ihre Rechnung von monatlich 1.800 Euro seit ihrem Einzug 2020 nicht vollständig begleichen kann. Das Landgericht Lübeck hält die Klage für begründet, der gesetzliche Betreuer muss sich nun um eine neue Bleibe für seine Klientin kümmern.
Die Bewohnerin ist um rund 34.600 Euro in Verzug. Das Gericht führt mehrere Gründe für sein Urteil an, unter anderem heißt es laut Rechtsdepesche:
- Die Bewohnerin hatte während des Rechtsstreits 4.000 Euro sowie 900 Euro gezahlt. Die Summen würden aber nur einen geringen Teil der Rückstände ausgleichen. Der Kündigungsgrund würde damit nicht entfallen.
- Es sei nicht klar, wie das Pflegeheim die laufenden Kosten für das Pflegeheim begleichen kann. Schon ein Jahr nach Einzug hat die Bewohnerin nicht mehr ausreichend gezahlt. Von den Folgen des Zahlungsausfalls könnten auch andere Bewohner betroffen sein.
- Im Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (§ 12, Absatz 1, Satz 3, Nummer 4) ist Zahlungsverzug als möglicher Grund für die Kündigung des Heimvertrags genannt.
- Die Bewohnerin hat nicht auf Mahnungen reagiert und keine Bemühungen gezeigt, die offenen Leistungen zu begleichen.
Die Bewohnerin hatte zwar einen gesetzlichen Betreuer, doch der hat sich – offenbar wegen einer Long-Covid-Erkrankung – nicht um die Angelegenheit gekümmert und auch nicht für eine Vertretung gesorgt. Dass das Gericht dies nicht berücksichtigt hat, kritisiert der Sozialverband VdK Deutschland. "Fehler des gesetzlichen Betreuers dürfen nicht auf dem Rücken der Pflegebedürftigen ausgetragen werden. Die Schutzbedürftigkeit der Person steht an erster Stelle, die durch eine Räumungsklage schwerwiegend verletzt wird", heißt es beim VdK.
Verbraucherzentrale Berlin berät Heimbewohner zu Kündigungen
Auch in Essen hat ein Bewohner kürzlich eine rechtskräftige Räumungsklage erhalten, wie Care vor9 berichtete. Einen Trend sieht der VdK trotzdem nicht. Immerhin aber hat die Verbraucherzentrale Berlin 2022 eine Pressemitteilung unter der Überschrift "Vom Pflegeheim vor die Tür gesetzt" veröffentlicht.
Doch den beiden verklagten Bewohnern hätte die Information der Verbraucherzentrale auch nichts genützt: Dort heißt es, der Heimbetreiber dürfe nur in Ausnahmefällen kündigen – zum Beispiel, wenn "ein Zahlungsverzug von zwei Monaten vorliegt und der Betreiber zuvor eine angemessene Zahlungsfrist gesetzt hat, welche nicht eingehalten wurde".
Kirsten Gaede