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7. Oktober 2024 | 07:00 Uhr
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Was Alloheim-Chefs über Größe und Übernahmen denken

Warum kauft Alloheim den Katharinenhof? Wie soll die Integration ablaufen? Und was kommt als Nächstes? Alloheim-CEO Steffen Hehner (links) und Katharinenhof-Chefin Annett Pohler (rechts) stellen sich in einem exklusiven Interview den Fragen von Care vor9. "Wir suchen grundsätzlich nach Unternehmen, die wirtschaftlich solide aufgestellt sind", sagt Hehner, aber "man darf nicht zu schnell wachsen". Pohler bringt es auf den Punkt: "Größenwahnsinn hat schon einige Mitbewerber ins Verderben getrieben."

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Alloheim-CEO Steffen Hehner und Katharinenhof-Chefin Annett Pohler halten zu schnelles Wachstum für gefährlich

Herr Hehner, in den vergangenen zwei Jahren haben einige große Betreiber Insolvenz angemeldet, andere eher Pflegeheime geschlossen oder abgegeben. Sie kaufen jetzt auf einen Schlag 27 Pflegeeinrichtungen dazu. Warum?

Hehner: Die Situation in der Pflege war natürlich schwierig, insbesondere durch die Corona-Zeit. Danach kam die Inflation, überhöhte Energiekosten, Verzögerungen bei den Pflegesatzverhandlungen, und immer mehr Bewohner sind auf Unterstützung durch Sozialämter angewiesen, mit entsprechend langen Antragsfristen und Zahlungsläufen. Das hat uns allen wehgetan. Doch wir haben unsere Hausaufgaben gemacht und sind stabil durch die Krise gekommen. Jetzt ist die Zeit, wieder nach vorne zu schauen. Die Katharinenhof-Gruppe ist für uns ein Glücksfall. Wir haben die gleiche Philosophie und ergänzen uns regional sehr gut.

Pohler: Es ist wichtig, zu verstehen, dass der Verkauf keinen wirtschaftlichen Hintergrund hat. Dem Katharinenhof geht es gut, wir müssen nicht gerettet werden. Der Immobilienkonzern Vonovia hat für sich entschieden, dass das Geschäftsfeld Pflege nicht zu ihm passt und schon vor geraumer Zeit angekündigt, sich davon zu trennen.

Wie steht es um die Wirtschaftlichkeit von Alloheim, machen Sie Gewinn?

Hehner: Wir haben uns dem kollektiven Trend entziehen können. Alloheim ist wirtschaftlich gut aufgestellt und wir haben genug Wasser unter dem Kiel.

Wie hoch ist der Umsatz von Alloheim?

Hehner: Deutlich höher als eine Milliarde Euro.

Wem gehört eigentlich Alloheim?

Hehner: Mehrheitlich der schwedischen Investmentgesellschaft Nordic Capital, die seit vielen Jahren im Gesundheitswesen aktiv ist und sehr langfristig denkt. Das Management ist ebenfalls beteiligt; wir sind sozusagen Mitunternehmer und fühlen uns daher Alloheim sehr verbunden.

Und wie steht es um Umsatz und Ergebnis des Katharinenhofs, Frau Pohler?

Pohler: Das ist relativ einfach. Alloheim ist etwa zehnmal größer als wir. Entsprechend betragen auch unsere Zahlen etwa ein Zehntel davon.

Verraten Sie uns den Kaufpreis für den Katharinenhof, Herr Hehner?

Hehner: Nein, nur so viel, dass es sehr deutlich weniger ist als die 300 Millionen, die Vonovia für die Katharinenhof-Gruppe inklusive der Immobilien erlöst. Wir übernehmen ja nur den Betrieb. Wichtig für uns ist aber, dass der neue Eigentümer der Immobilien in die Gebäude investiert, insbesondere in die Nachhaltigkeit. Das ist eine gute Nachricht für den Katharinenhof.

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Der Wohnpark im sächsischen Warmbad ist eine der 27 Katharinenhof-Einrichtungen, die Alloheim nun übernehmen will

Wie soll die Integration der Katharinenhof-Einrichtungen bei Alloheim ablaufen?

Hehner: Wir sind jetzt natürlich noch in einem sehr frühen Stadium. Bis die kartellrechtliche 
Prüfung abgeschlossen ist, passiert nichts. Wir haben aber auch hier keinen Druck. Katharinenhof ist eine starke Gruppe, es gibt keine Notwendigkeit für ein Eingreifen.

Der Name Katharinenhof soll erhalten bleiben, warum?

Pohler: Katharinenhof ist eine starke Marke im Außenverhältnis. Der Name steht für die Qualität der Einrichtungen und die Qualität der Pflege, die dort geleistet wird. Wir haben eine starke Bindung zu den Menschen. Unsere Mitarbeiter identifizieren sich mit der Marke, sie sind stolz bei Katharinenhof zu arbeiten. Wenn wir den Namen ändern, würde für sie ein Stück Heimat verlorengehen.

Hehner: Ein Rebranding macht bei einer so starken Marke wie dem Katharinenhof überhaupt keinen Sinn. Das haben wir auch bei Übernahmen von profilierten Marken in der Vergangenheit nicht gemacht.

Was ändert sich in der Führung, bleiben Sie an Bord, Frau Pohler?

Pohler: Das ist einfach zu beantworten, ja ich bleibe in meiner Position.

Hehner: Wir haben bei Alloheim eine regionale Struktur. Der Katharinenhof ergänzt mit seinen Standorten die bestehende Landkarte. Deshalb lässt sich das Portfolio einfach integrieren und der Katharinenhof kann als eigenständige Einheit unter der Führung von Annett Pohler erhalten bleiben.

Herr Hehner, Sie haben viele Jahre bei McKinsey gearbeitet. Seit einem Jahr sind Sie Chef von Alloheim. Was war für Sie die größte Umstellung beim Sprung als Unternehmensberater in die Praxis?

Hehner: Sicher, direkte Verantwortung zu übernehmen für die Leistung, die wir täglich erbringen, und unsere 23.000 Mitarbeiter. Das bringt das Beraterleben nicht mit sich. Ich bin ja immer noch ein Novize in der Pflege und freue mich darauf, von Annett Pohler zu lernen, die viele Jahre Erfahrung in der Praxis hat. Aber natürlich ist es hilfreich, wie ein Unternehmensberater die Situation faktenbasiert zu analysieren und ein Team für die Zukunft aufzubauen.

Ist Größe in der Pflege ein Pluspunkt?

Hehner: Größe bringt schon Vorteile, etwa beim Einkauf, bei den Beziehungen zu Behörden und Krankenhäusern, den Pflegekassen und zur Politik. Auch wenn es um Investitionen geht, kann Größe helfen. Zum Beispiel bei der Digitalisierung. Wir werden in ein paar Wochen die Anbindung an die Telematikinfrastruktur erledigt haben. Beim Dienst an Menschen hilft Größe nicht.

Pohler: Das stimmt. Technik kann man skalieren, Menschen nicht. Die muss man überzeugen und mitnehmen bei der Transformation und beim Wachstum. Wir müssen sie inspirieren, jeden Tag ihre wertvolle Arbeit zu leisten.

Alloheim ist mit bald 284 Pflegeeinrichtungen die Nummer eins unter den privaten Anbietern. Bei 14.000 Heimen insgesamt sind das zwei Prozent Marktanteil. Verglichen mit anderen Branchen ist das wenig. Werden wir in der Pflege eine Konsolidierung wie in anderen Branchen erleben?

Hehner: Die Konsolidierung ist im Gange, aber das geht nicht so schnell wie in anderen Branchen, wie Annett Pohler schon erklärt hat. Wir wollen nicht zu schnell wachsen und sind jetzt erstmal stolz, mit dem Katharinenhof 27 weitere Pflegeeinrichtungen gewonnen zu haben. Unsere Aufgabe ist jetzt, die beiden Unternehmen gut in die Zukunft zu führen.

Pohler: Man darf nicht zu schnell wachsen, das überfordert die Unternehmensstruktur. Größenwahnsinn hat schon einige Mitbewerber ins Verderben getrieben. Es dauert einfach zwei, drei Jahre, bis eine Pflegeeinrichtung rund läuft. Es reicht halt nicht, nur wunderschöne Immobilien hinzustellen, man muss sie auch mit Leben erfüllen.

Halten Sie trotzdem Ausschau nach weiteren Übernahmekandidaten?

Hehner: Selektiv ja und mit der gebotenen Sorgfalt. Wir suchen grundsätzlich nach Unternehmen, die wirtschaftlich solide aufgestellt sind und über eine hohe Qualität verfügen. Manchmal gibt auch Einzelhäuser, die einen Nachfolger suchen. Solche Übernahmen sorgen dann natürlich nicht für solch eine Aufmerksamkeit wie bei dieser Transaktion. Wir wachsen aber auch aus eigener Kraft. In den nächsten Jahren haben wir insgesamt 30 Neubauten in der Pipeline.

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Steffen Hehner steht seit Januar 2023 als CEO und Vorsitzender der Geschäftsführung an der Spitze von Deutschlands größtem privaten Pflegeanbieter Alloheim. Der studierte Pharmazeut hatte zuvor 22 Jahre lang als Senior Partner bei McKinsey Unternehmen beraten und sich auf das Gesundheitswesen spezialisiert. Bei Alloheim treibt er aktuell das Thema Digitalisierung und den Anschluss an die Telematikinfrastruktur voran.

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Annett Pohler arbeitet seit fast 15 Jahren für die Katharinenhof-Gruppe. Die Betriebswirtin startete ihre Karriere als Einrichtungs- und Regionalleiterin in Sachsen. 2017 übernahm sie die Geschäftsleitung für Sachsen und ein Jahr später die Geschäftsführung der gesamten Gruppe.

Das Interview führte Thomas Hartung

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