Pflegekräfte bekommen die meisten Gewaltvorfälle ab
Mehr als jeder zweite Gewalt- oder Schreckvorfall im Gesundheitswesen trifft die Pflegekräfte. Dies zeigt eine gerade veröffentlichte Analyse der Berufsgenossenschaft Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) für die Jahre 2018 bis 2022. Erfasst sind dort allerdings nur Übergriffe, die zu mindestens drei Tagen Ausfall führen und daher als Arbeitsunfall gelten. Die BGW spricht von einer leichten Zunahme der Fälle.
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Von den insgesamt zehn Berufsgruppen, für die die BGW zuständig ist, bekommen Pflegekräfte und Betreuer im Gesundheitswesen am meisten ab: 51 Prozent der insgesamt 26.500 gemeldeten Übergriffe. Das bedeutet in fünf Jahren mehr als 13.500 Schreck- und Gewaltvorfälle, die zu einem mehrtägigen Ausfall der Pfleger und Betreuer führten.
Manche Gewaltvorfälle enden mit einer Rente oder dem Tod
Insgesamt registrierte die BGW in den fünf Jahren 350.000 Arbeitsunfälle. Gewalt und Schrecken haben daran einen Anteil 7,5 Prozent. In 88 Prozent aller Vorfälle kommt es zu einer physischen Verletzung, in 12 Prozent zu einer psychischen Verletzung. Nicht alle diese Übergriffe gehen glimpflich aus. Rund 250 Fälle endeten mit einer Unfallrente, sechs Pfleger und Betreuer starben durch die Gewalt.
Überraschung und Schreck sind zum Beispiel Fälle, wenn eine Pflegekraft Zeuge wird, wie sich zwei Bewohner prügeln und sich gegenseitig schwer verletzten, und einen Schock erleidet. Als Beispiel für körperliche Gewalt führt die BGW auf, wenn ein Pflegebedürftiger beim morgendlichen Waschen der Pflegekraft den Daumen nach hinten knickt.
Jeder zweite erlebt sexuelle Gewalt und Belästigung
Drei Viertel der Gewaltfälle ereignen sich zwischen Beschäftigten oder gehen von einer betriebsfremden Person aus, also von Angehörigen. Während diese Fälle im Laufe der fünf Jahre abgenommen haben, nahmen Bedrohungen, Schreck und Überraschung deutlich zu.
Auch bei der sexuellen Gewalt und Belästigung am Arbeitsplatz sind Pflegekräfte am meisten betroffen, zeigt eine Studie der BGW. In stationären und ambulanten Pflegeeinrichtungen sagen mehr als die Hälfte der Befragten, dass sie schon körperliche sexualisierte Gewalt und Belästigung erlebt haben. Von verbalen Angriffe sprechen sogar rund 70 Prozent.
Führungskräfte bei Maßnahmen gegen Gewalt am Zug
"Die Zahlen sind zu hoch", sagt BGW-Hauptgeschäftsführer Jörg Schudmann. "Der Umgang mit Gewalt und Aggression ist deshalb ein wichtiger Teil des betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes." Wesentlich sei, wie sich Führungskräfte positionieren. "Und zwar mit der klaren Botschaft, dass Gewalt gegenüber ihren Mitarbeitenden nicht akzeptiert wird, und mit dem Angebot entsprechender Präventionsmaßnahmen."
Hier gibt es offenbar Nachholbedarf. Jeder vierte Befragte kannte keine Angebote zum Umgang mit Gewalt in seinem Unternehmen. Insgesamt fühlte sich nur jeder zehnte durch die eigene Einrichtung auf Übergriffe gut vorbereitet. Die BGW-Website bietet hierzu Handlungshilfen, Qualifizierungs- und Unterstützungsangebote.
Der komplette Bericht zu Aggression und Gewalt kann kostenlos von der BGW-Website heruntergeladen werden.