Nicht mal jede zehnte Pflegeeinrichtung an TI angeschlossen
Eigentlich sollte die Telematikinfrastruktur in der Pflege seit diesem Montag Pflicht sein. Doch schon vor einem Jahr war klar, dass dies nicht zu schaffen ist. Deshalb entschied die Politik im Juni 2023, die Frist für die Pflege bis 1. Juli 2025 zu verlängern. Seitdem ist ein Jahr vergangen und in der Pflege hat sich in Sachen TI kaum etwas getan. Nicht mal zehn Prozent der Einrichtungen sind angeschlossen. Dabei gehört etwa das E-Rezept bei Ärzten und Patienten mittlerweile zum Alltag.
Die Zahlen der Gematik sind in der Tat beeindruckend: Seit Jahresbeginn lösten Patienten in Deutschland 244 Millionen E-Rezepte ein. Das sind im Durchschnitt 1,3 Millionen pro Tag. An manchen Tagen seien es 2,4 Millionen elektronische Verordnungen gewesen. Jeder zweite Versicherte habe mit dem E-Rezept bereits Erfahrung gemacht, fast 90 Prozent seien mit der Anwendung zufrieden, so die Gematik, die als Bundesagentur für die TI verantwortlich ist.
Mehr als 85.000 medizinische Einrichtungen stellen mittlerweile E-Rezepte aus, 17.000 Apotheken lösen sie ein. Auch der Messenger KIM, mit dem sich Ärzte und Einrichtungen austauschen, wird rege genutzt. 32 Millionen Arztbriefe wurde darüber verschickt, mehr als 400 Millionen Nachrichten ausgetauscht.
Pflegeeinrichtungen zeigen dennoch wenig Interesse, sich an die TI anzuschließen. Nur ein Bruchteil hat bislang die Institutionskarte SMC-B beantragt, die Grundvoraussetzung ist, dass eine Einrichtung überhaupt Teil des TI-Netzes wird. Regional gibt es dabei große Unterschiede.
Bei den Schlusslichtern Saarland und Bremen haben nur drei Prozent der Pflegeeinrichtungen eine SMC-B-Karte beantragt, in Bayern und Thüringen unter sechs Prozent. Spitzenreiter ist Hamburg mit 12,4 Prozent, gefolgt von Nordrhein-Westfalen mit immerhin 11,5 Prozent bestellter Zugangskarten. Auch Brandenburg, und Schleswig-Holstein kommen auf über zehn Prozent.
Als Grund werden häufig die Kosten genannt, obwohl die Refinanzierung durch die Kassen mittlerweile geklärt ist. Offensichtlich ist der Druck noch nicht groß genug, sich in den Pflegeeinrichtungen mit der TI zu beschäftigen. Dabei verspricht die Gematik effizienteres Arbeiten und Zeitersparnis.
Doch zunächst kostet es Zeit, sich mit der Technik zu befassen, ihre Funktionen zu verstehen und eventuell eigene Anläufe im Pflegealltag anzupassen. Das bleibt den Pflegeeinrichtungen allerdings nicht erspart, egal wann sie mit der TI starten.
Wichtig zu wissen ist zudem, dass allein die Anträge für die Zugangsberechtigungen von Institutionen und den einzelnen Mitarbeitern viele Wochen dauern kann. Dazu kommt die Zeit für die Installation und Schulung. Wer nicht unter Zugzwang geraten will, sollte also bald mit dem Thema beginnen. Eine weitere Schonfrist für die Pflege scheint unwahrscheinlich.
Thomas Hartung