Lauterbach will "stambulante" Pflege gesetzlich verankern
"Wir werden das Pflegekompetenzgesetz noch vor der Sommerpause vorlegen", verspricht Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (Foto). Examinierte Pflegekräfte werden dann Aufgaben übernehmen können, die bislang Ärzten vorbehalten sind. Und Lauterbach will das Gesetz ergänzen: Die stationäre und ambulante Pflege soll gesetzlich um eine dritte Art der Versorgung, die sogenannte "stambulante" Pflege, ergänzt werden.
Das Gesetz habe sich weiterentwickelt und bestehe jetzt aus zwei Teilen, sagte der Gesundheitsminister am Rande des Fachaustauschs mit Verbänden. Neu hinzugekommen ist die stambulante Pflege "für solche Patienten und zu Pflegenden, die noch nicht in eine stationäre Pflegeeinrichtung wollen, aber zu Hause nicht mehr leben können". Das sei eine Versorgungsform, die bisher in Deutschland fehle und die man schon lange brauche, so Lauterbach.
"Man lebt in einer Wohnung, die so versorgt wird, dass man bis zu einem Lebensende bleiben kann, auch bei höheren Pflegegraden", erklärt der Minister das Konzept. In klassischen Seniorenresidenzen könne umfängliche Pflege heute nicht geleistet werden. Stambulant sei auch eine "ökonomisch interessante Variante", so Lauterbach.
Der Name und die Idee stammen von Kaspar Pfister, dem Chef des Pflegeanbieters Benevit. Er führt sein Haus Rheinaue im baden-württembergischen Wyhl schon seit Jahren stambulant als anerkanntes Modellprojekt. Ziel ist es, stationäre Sicherheit mit der ambulanten Vielfalt zu verknüpfen und Angehörige wie Bewohner in die alltägliche Arbeit einzubinden. Jetzt könnte dieses Konzept als Regelversorgung anerkannt werden.
"Pflege kann mehr als sie darf – das wollen wir beheben"
Mit dem ursprünglichen Pflegekompetenzgesetz hat das stambulante Modell wenig zu tun. Hier geht es darum, "dass Pflege deutlich mehr kann als sie darf", so Lauterbach, und das sei ein großer Nachteil für die Pflege in Deutschland. "In Deutschland dürfen Pflegekräfte viel weniger als zum Beispiel in den skandinavischen oder angelsächsischen Ländern, obwohl unsere Pflegekräfte mindestens genauso gut ausgebildet sind und die gleiche Erfahrung haben." Das wolle er mit dem Gesetz ändern.
Examinierte Pflegekräfte sollen Aufgaben übernehmen können, die bisher Ärzten vorbehalten sind. Sie sollen etwa ohne ärztliche Weisung Diabetes-Kranke versorgen und Pflegegrade vergeben können. Oder zum Beispiel bei Wundheilungsstörungen oder auch bei Demenzversorgung selbstständig entscheiden können, was zu tun ist.
Anders als frühere Gesetze stößt das Pflegekompetenzgesetz bei Verbänden auf positive Resonanz. Die Branche verspricht sich davon auch eine größere Attraktivität des Pflegeberufs.
Thomas Hartung