Kosten überrollen Pflegedienst – eine Leiterin berichtet
"Wir sparen, wo es geht, unsere Büros bleiben kalt. Aber bei den Patienten können wir nicht einfach die Heizung abdrehen", sagt Bettina Plettl. Sie ist Chefin des Pflegedienstes Medivital im niederbayerischen Bad Birnbach und stellvertretende Landesvorsitzende im Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (BPA). "Uns haut's gerade alle Kosten durcheinander", klagt sie und weiß durch die Verbandsarbeit, dass es Kollegenbetrieben genauso geht.
Für die Pflegeunternehmen steigen die Kosten auf breiter Front. Und zur unpassendsten Zeit liefen die Zahlungen aus dem Corona-Rettungsschirm aus, was die Situation weiter verschlimmerte. Ihre 60 Angestellten müssen sich mehrmals pro Woche testen lassen. "Auf den Kosten für Atemmasken, Schutzausrüstung und Corona-Tests bleibe ich seitdem sitzen", erklärt Bettina Plettl der Süddeutschen.
Seit September greift zudem die gesetzliche Tarifpflicht für Fachkräfte in der Altenpflege, was die Lohnkosten bei Medivital um zehn Prozent erhöhte. Weitere Kostensteigerungen stehen ins Haus: Ihr Gasversorger kündigte neue Preise an, nach denen sich die jährlichen Gaskosten fürs Büro von 1.500 Euro auf 11.200 Euro und für die Tagespflegeeinrichtung von 3.400 Euro auf 27.000 Euro erhöhen sollen. Der Dienst nutzt für die ambulante Pflege zwölf Autos. Jedes legt im Durchschnitt jährlich 30.000 Kilometer zurück. Da schlagen die hohen Spritpreise voll durch.
Durch ihre Tätigkeit im BPA weiß sie um die Nöte anderer Pflegedienste. Wenn sich die Verbände und Krankenkassen nicht schnell auf einen finanziellen Ausgleich einigen, befürchtet Plettl eine Insolvenzwelle im nächsten Jahr. Die Qualität der Arbeit leide jetzt bereits. Ihre Mitarbeiter dürfen keine Gratisfahrten mehr zum Arzt oder zur Apotheke machen, um ein Rezept oder ein Medikament zu holen. Das sind nun private Zusatzleistungen, die extra bezahlt werden müssen. Auch das Persönliche bleibt schnell auf der Strecke: "Oft bleibt nicht mal mehr Zeit für einen Kaffee oder einen Plausch. Alles muss zack, zack, zack gehen."