Finanzierung der Telematik in der Pflege scheitert an GKV
Die Verhandlungen zur Finanzierung der Telematikinfrastruktur (TI) in der Pflege sind gescheitert. Die Pflegeverbände und der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) konnten sich nicht auf monatliche Pauschalen für die Einrichtungen einigen. Wolfgang Voßkamp (Foto), Digitalisierungsbeauftragter des Bundesverband Ambulante Dienste und Stationäre Einrichtungen (BAD), befürchtet, dass sich die Einführung der TI zum Juli 2025 nicht mehr umsetzen lasse.
Pflegeeinrichtungen, die bereits in die Telematikinfrastruktur investiert hätten, stünden zudem vor dem Problem, dass bis mindestens Ende Juni 2024 keine finanzielle Unterstützung fließen werde. Dies zwinge sie, weiterhin in Vorkasse zu gehen – eine Belastung, die insbesondere in Zeiten finanzieller Unsicherheit schwer wiegt. Die Umstellung auf ein Pauschalensystem, beschlossen zum 1. Juli 2023, sollte eigentlich die Finanzierung der notwendigen Hard- und Software vereinfachen.
Voßkamp, Syndikusrechtsanwalt und Digitalisierungsbeauftragter des BAD, bringt die Frustration vieler Mitstreiter in der Pflege zum Ausdruck: "Die fehlende Refinanzierung der durch die Nutzung der TI anfallenden Kosten für die Pflegeeinrichtungen ist nicht hinnehmbar. Die schon an die TI angeschlossenen Einrichtungen werden praktisch für die Anschaffung bestraft." Einrichtungen, die die Telematik noch nicht nutzten, könne bei der augenblicklichen Finanzierungslage eine Anschaffung kaum empfohlen werden.
Sonderfonds der GKV wird nun zur Finanzierung herangezogen
Knackpunkt bei der Verhandlung war wohl die Sorge der GKV, dass ohne eine eindeutige Definition über die Anzahl der Lizenzen in Bezug auf die Betriebe die Missbrauchsmöglichkeiten zu hoch seien. Angesichts des Stillstands wendet sich der BAD nun direkt an das Bundesgesundheitsministerium (BMG). Das Digitalisierungsgesetz gebe dem BMG schließlich die Möglichkeit, bei einem Scheitern der Verhandlungen einzugreifen und die Finanzierung selbst festzulegen.
Voßkamp erklärt dazu: "Wir werden das Ministerium auffordern, eine an den Bedarfen der Pflege ausgerichtete Finanzierung zu beschließen." Ähnlich sei es bereits bei der Ärzteschaft erfolgt, die zum 30. April letzten Jahres eine TI-Finanzierungsvereinbarung hätte treffen müssen, aber ebenfalls gescheitert waren. Daher musste das BMG diese TI-Finanzierungsvereinbarung ersetzen durch die sogenannte "Festlegung".
Das BMG könne dabei prinzipiell auf einen Sonderfonds der GKV zugreifen, erklärt Voßkamp. "Wie lange die Mittel dort reichen, ist aber unklar." Immerhin müssten für rund 32.000 Pflegebetriebe 409 Euro pro Quartal bereitgestellt werden. Und auch die einmaligen Einrichtungskosten von 4.141,50 Euro pro Betrieb gelte es zu decken.
Anschluss aller Betriebe kaum noch fristgerecht zu schaffen
Der Termin zur fristgerechten Anbindung der ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen an die Telematik-Infrastruktur, die laut Gesetz bis zum 1. Juli 2025 verpflichtend vorgenommen werden muss, stehe einmal mehr in den Sternen. Voßkamp zu Care vor9: "Nach unserem Kenntnisstand sind erst rund 300 Pflegebetriebe an die TI angeschlossen. Irgendwann wird es gar nicht mehr möglich sein, mit den wenigen zertifizierten Anbietern die notwendigen Anschlüsse rechtzeitig abzuarbeiten."
Pascal Brückmann