Bleibt die Pflege auf den Kosten der Digitalisierung sitzen?
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach kündigt einen Quantensprung der Digitalisierung des Gesundheitswesens an. Aber wer soll das bezahlen? Ein breites Bündnis aus acht Pflegeverbänden befürchtet, dass die Kosten weitgehend an den Pflegeeinrichtungen hängen bleiben. Vorgesehen seien lediglich Einmalzahlungen für die technische Infrastruktur. Damit sei es am nicht getan. Ohne langfristige Finanzierung könne es keine Digitalisierung geben.
Grundsätzlich begrüßen die Pflegeverbände die Digitalgesetze als wichtige erste Schritte auf dem Weg, die Potenziale der Digitalisierung zu heben. "Im Bereich der Akut- und Langzeitpflege greifen die Maßnahmen jedoch nicht weit genug", kritisieren die acht Verbände. "Es fehlt nach wie vor eine langfristige Finanzierung der digitalen Infrastruktur in den Einrichtungen der ambulanten, teil- und vollstationären Akut- und Langzeitpflege."
Denn Pflegeeinrichtungen erhielten bislang nur Einmalzahlungen, wobei die Töpfe "oftmals schon ausgeschöpft" seien. Dazu kämen Pauschalen zur Finanzierung der Telematikinfrastruktur (TI). "Die Kosten für Personal, Wartung, fortlaufende Schulungen, technische Nachrüstungen sowie Updates und weitere Folgeaufwendungen werden nicht berücksichtigt." Neben der TI komme Software zur Pflegedokumentation, Pflege-, Touren- und Dienstplanung sowie digitale Assistenzsysteme und KI zum Einsatz.
Telematikinfrastruktur kostet nicht nur einmal Geld
Diese Kosten für die reichhaltigen Anwendungen fielen nicht nur einmalig an und können nicht allein durch die zu Pflegenden getragen werden, warnt das Bündnis. Sie müssten auf Dauer in den Verhandlungen der Leistungsentgelte berücksichtigt werden. Dafür schlagen die Verbände eine bundeseinheitliche Digitalisierungspauschale pro Pflegetag oder pro Pflegeeinsatz vor.
Die Angleichung der Finanzierung der TI für die Pflege an die Pauschale der Ärzteschaft sehen die Pflegeverbände kritisch. "Hier werden Finanzierungsvereinbarungen ohne valide Daten auf Jahre festgelegt. Die Bereitstellung der Daten für die TI wird dauerhaft Personal- und Infrastrukturkosten in den Pflegeeinrichtungen nach sich ziehen, beispielsweise für Schnittstellen und Datenaktualisierungen."
Zu dem Verbändebündnis Digitalisierung in der Pflege haben sich 2020 acht Verbände aus dem Sozial-, Pflege- und Gesundheitswesen zusammengetan: Bundesverband Gesundheits-IT, Care for Innovation, Deutscher Evangelischer Verband für Altenarbeit und Pflege (DEVAP), Deutscher Pflegerat (DPR), Digitalverband Finsoz, Verband für Digitalisierung der Sozialwirtschaft (VEDISO), Verband diakonischer Dienstgeber in Deutschland und der Verband Katholische Altenhilfe.
Thomas Hartung