Streit um Steuervorteil für ausländische Pflegefachkräfte
Neue Debatte in Politik und Pflege: Die Bundesregierung will Fachkräften aus dem Ausland im Rahmen ihrer Wachstumsinitiative Steuerermäßigungen gewähren, damit sie sich für eine Arbeitsaufnahme in Deutschland entscheiden. Der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (BPA) begrüßt den Schritt, der Bundesverband ambulante Dienste und stationäre Einrichtungen (BAD) fordert Steuererleichterung für alle Pflegekräfte und der Wirtschaftsprofessor und frühere Wirtschaftsweise Peter Bofinger hält es für eine "Schnapsidee".
Bundeskanzler Olaf Scholz, Wirtschaftsminister Robert Habeck und Finanzminister Christian Lindner haben die "Wachstumsinitiative – neue wirtschaftliche Dynamik für Deutschland" im Rahmen der Einigung auf einen Haushalt für das nächste Jahr vorgestellt. Darin werden knapp 50 Maßnahmen angekündigt, die die Wirtschaft ankurbeln sollen.
Darin enthalten sind auch die umstrittenen Steuererleichterungen für ausländische Fachkräfte, wie sie insbesondere für die Pflege gesucht werden. Unter Punkt 27 heißt es in dem Papier der Bundesregierung wörtlich:
"Arbeitsaufnahme in Deutschland steuerlich begünstigen: Um Deutschland attraktiver für ausländische Fachkräfte zu machen, wird die Bundesregierung zudem steuerliche Anreize für die Arbeitsaufnahme in Deutschland einführen. Dazu können neu zugewanderte Fachkräfte in den ersten drei Jahren 30, 20 und 10 Prozent vom Bruttolohn steuerfrei stellen. Für diese Freistellung werden wir eine Unter- und Obergrenze für den Bruttolohn definieren. Die Regelung wird nach fünf Jahren evaluiert."
Kritik kommt aus allen Richtungen
Gegenwind dafür kommt auch von Kabinettskollegen. "Die Arbeit in diesem Land muss gleich viel wert sein", sagt Arbeitsminister Hubertus Heil. Er sorgt sich um "gesellschaftliche Missverständnisse". CSU-Generalsekretär Martin Huber wird deutlicher: Steuervorteile für ausländische Fachkräfte spalte und brüskiere die arbeitende Bevölkerung. Der Wirtschaftsprofessor und Ex-Wirtschaftsweise Peter Bofinger hält es das Ganze für eine "Schnapsidee". Es sieht darin eine Subvention der Arbeitgeber und ein falsches Signal an die potenziellen Arbeitskräfte, so Bofinger im ZDF.
Befürworter des Vorhabens verweisen auf andere Länder, in denen es solche Anreize und sogar Anwerbeprämien gebe. Das sei im weltweiten Wettbewerb um Fachkräfte notwendig.
Pflegeverbände begrüßen Steuererleichterung
BPA-Präsident Bernd Meurer lobt Steuererleichterungen für internationale Fachkräfte. "Zugewanderte Kräfte haben in der Phase des Ankommens viele zusätzliche Kosten. Wenn konkret dieser Aufwand dann durch eine entsprechende Steuererleichterung ausgeglichen wird, ist das auch den inländischen Kolleginnen und Kollegen gut zu erklären." Meurer mahnt aber, die Gerechtigkeit gegenüber inländischen Kräften dabei nicht aus dem Auge zu verlieren.
Der BAD begrüßt ebenfalls die Maßnahmen, hält sie aber nicht für ausreichend. "Die Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse und die damit zusammenhängenden Verfahren bieten noch genügend Verbesserungsbedarf, bevor steuerliche Vorteile hier überhaupt greifen können", so Jasmin Arbabian-Vogel, Vorstandsmitglied beim BAD Niedersachen. Um den Beruf attraktiver zu machen, fordert sie "eine Steuerfreistellung nicht nur für aus dem Ausland kommende Fachkräfte, sondern für alle in der Pflege arbeitenden Menschen".
Thomas Hartung