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23. Juli 2024 | 16:39 Uhr
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Führerschein-Bürokratie bremst Pflegedienste aus

Der ambulante Dienst "Pflege im Haus" im hessischen Homberg bildet junge Leute aus der Mongolei aus. Sehr erfolgreich – wenn da nicht die Sache mit dem Führerschein wäre: Die Pflegeschüler müssen, obwohl sie einen mongolischen Führerschein haben und ein halbes Jahr auf deutschen Straßen fahren dürfen, noch einmal eine Prüfung ablegen. Das sei neben Pflegeausbildung und Deutschunterricht aber kaum zu schaffen, sagt Pflegedienst-Chefin Martina Sandrock-Höhle. Jetzt will sie in Berlin Druck machen.

Pflege im Haus Sandrock-Höhle Azubis Mongolei.jpg

Mit dem mongolischen Führerschein dürfen die Azubis von Martina Sandrock-Höhle sechs Monate fahren, danach erlischt die Fahrerlaubnis

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Ende Mai auf dem Bürgerfest zum 75. Grundgesetz-Geburtstag ist Martina Sandrock-Höhle direkt auf Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) zugegangen: Sie erzählte ihm von ihren sechs Auszubildenden aus der Mongolei, wie gut die im Team und mit den Klienten zurechtkommen, wie sehr sie – anders als viele ihrer deutschen Altersgenossen – die kleinstädtische Umgebung an den Standorten Rengshausen (im Knüllwald) und in Homberg (Efze) genießen. Sie habe gute Chancen, die Auszubildenden aus der Mongolei langfristig zu binden, berichtete die Inhaberin des ambulanten Dienstes "Pflege im Haus" dem Minister.              

Doch die Erfolgsgeschichte hat einen Haken: Die Auszubildenden aus der Mongolei – wie auch die zwei, die im September noch dazu kommen – dürfen nur die ersten sechs Monate hinter dem Steuer sitzen. Danach wird ihr in der Mongolei erworbener Führerschein für ungültig erklärt. Sie müssen dann noch einmal Fahrstunden nehmen und eine praktische und theoretische Prüfung in Deutschland ablegen. So sieht es die Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) vor.

"Wir haben erst gedacht, das wird irgendwie schon klappen. Aber dann haben wir gemerkt, dass es Stress und Überforderung bedeutet" sagt Sandrock-Höhle, die in ihrem Pflegedienst 40 Mitarbeiter beschäftigt. "Denn sie müssen gleichzeitig eine neue Sprache inklusive Schrift lernen, dem Schulunterricht folgen und sich auf Prüfungen vorbereiten – und sich nicht zuletzt in ein ganz neues Leben einfinden." Lernen für den deutschen Führerschein sei dann einfach zu viel.

Ohne gültige Fahrerlaubnis Übernahme der Azubis unmöglich

Während der Ausbildung kann noch die examinierte Kollegin das Steuer übernehmen, denn sie sind dann grundsätzlich zu zweit unterwegs. Doch Sandrock-Höhle möchte die Schüler selbstverständlich nach der Ausbildung übernehmen – und die wollen, so deutet es sich an – von ihr auch übernommen werden. Doch daran ist ohne Führerschein nicht zu denken. Dass das ein enormes Problem für einen ambulanten Dienst sei, der in einer ländlichen Gegend besonders schwer Personal finde, das habe auch Lauterbach zugegeben, erzählt die gelernte Altenpflegerin. Aber er habe auch gesagt: Das Problem könne nicht von seinem Ministerium gelöst werden, dafür sei das Bundesverkehrsministerium zuständig.

Warum die Fahrerlaubnis für Menschen aus Drittstaaten wie der Mongolei so rigoros gehandhabt wird? Das fragte im November 2023 schon der ZDF Länderspiegel das Bundesverkehrsministerium, nachdem Sandrock-Höhle den Sender auf das Problem aufmerksam gemacht hatte. Die Antwort aus dem Ministerium: "Es muss sichergestellt sein, dass der Inhaber einer ausländischen Fahrerlaubnis auch unter den in Deutschland herrschenden Verkehrsverhältnissen in der Lage ist, ein Fahrzeug sicher zu führen."

Sechs Monate Fahrpraxis auf deutschen Straße reicht nicht

Besonders für die mongolischen Auszubildenden stellt sich bei dieser Begründung die Frage, warum sie dann die ersten sechs Monate in Deutschland mit dem mongolischen Führerschein fahren dürfen. Warum gibt es nicht von vornherein schnelle, unkomplizierte Anerkennungsverfahren? Warum informiert sich das Ministerium nicht über die Prüfungsbedingungen in der Mongolei? Tatsächlich gibt es diverse Vereinbarungen zur gegenseitigen Anerkennung von Fahrerlaubnissen etwa mit Namibia, Japan, Singapur. Aber eben nicht mit der Mongolei. 

"Einige Abgeordnete, mit denen wir in Kontakt stehen, haben uns zu verstehen gegeben, dass mit einem solchen Abkommen in absehbarer Zeit auch nicht zu rechnen sei", sagt Sandrock-Höhle. So stellt sich die Frage, ob es nicht zumindest möglich wäre, die mongolischen Pflegeschülern in der Fahrtheorie in ihrer Muttersprache zu prüfen – schließlich ist es gerade das Behördendeutsch des Lehrmaterials und der Prüfungen, das ihnen Probleme macht. Aber auch hier lautet die Antwort: Nein. Es gibt zwar Übersetzungen in einige Sprachen – aber eben nicht ins Mongolische.       

Auch andere Branchen von der Führerschein-Bürokratie betroffen  

Das alles lässt Sandrock-Höhle nicht einknicken. Sie schreibt weiterhin ans Verkehrsministerium, sucht Kontakt zu den Medien und nach Verbündeten in ganz Deutschland. Sicherlich: Dass ein ambulanter Dienst Pflegeschüler aus der Mongolei rekrutiert, ist eher eine Seltenheit, aber die Chefin von Pflege im Haus hat bereits mit einigen Pflegediensten gesprochen, die ähnliche Probleme mit Mitarbeitern aus anderen Drittländern haben. "Außerdem wird es auch mehr und mehr andere Branchen betreffen, von einer Gärtnerei habe ich beispielsweise gehört, aber auch von Handwerksbetrieben." Deshalb hofft sie auf Verbündete, um gemeinsam Druck in Berlin zu machen.  

Kirsten Gaede

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