Teilzeit-Ausbildung in der Pflege findet nicht nur Zuspruch
Das Hildesheimer St. Bernward Krankenhaus bietet seit zwei Jahren eine Teilzeit-Ausbildung zur Pflegefachkraft an und zieht eine Zwischenbilanz. Auch andere Träger setzen auf diesen Weg, mit durchaus unterschiedlichen Modellen und Erfahrungen. Zielgruppe sind Menschen, die wegen familiärer Verpflichtungen sonst kaum Chancen auf eine normale Pflegeausbildung haben. Nicht nur bei ambulanten Pflegediensten gibt es Skepsis.
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Beim Pilotprojekt des Hildesheimer St. Bernward Krankenhaus starteten vor zwei Jahren 17 Frauen, darunter viele Alleinerziehende, eine Ausbildung zur Pflegefachkraft in Teilzeit. Auch Frauen, die wegen einer Schwangerschaft ihre Pflegeausbildung unterbrechen mussten, sind darunter.
Kaum vorzeitige Ausbildungsabbrüche
Dass sich ihre Teilzeit-Ausbildung im Gegensatz zu einer herkömmlichen um ein Jahr verlängert, nehmen sie in Kauf. Die Auszubildenden starten nicht, wie oft üblich, um 6 Uhr morgens in den Tag, sondern erst um 8 Uhr – und machen um 13 Uhr wieder Schluss, um sich um die eigene Familie zu kümmern. Dadurch der längere Zeitraum.
Den Azubis kommt das, wie eine 58-jährige Kursteilnehmerin in einer Berichterstattung der Hildesheimer Allgemeinen Zeitung angibt, sehr entgegen, da sie noch genug Zeit findet, daheim ihre Eltern zu pflegen. Dass von den anfangs 17 Teilnehmerinnen noch 15 dabei sind, wertet Annette Lauber, Leiterin des Ausbildungszentrums am St. Bernward Krankenhaus (BK) und zuständig für die Berufsschulinhalte, als "eine überdurchschnittliche Quote".
Helios unterstützt Teilzeit-Azubis mit eigener Kita
Auch die Helios Kliniken bieten eine Teilzeit-Ausbildung an, die allerdings bereits in drei Jahren und fünf Monaten zum Abschluss führt. Bei dieser sogenannten integrativen Teilzeitausbildung werden die praktischen Einsätze auf jeweils sechs Stunden pro Schicht verkürzt, damit Alleinerziehende früher ihre Kinder versorgen können. Die Vermittlung der Theorie aber wird hier nicht verkürzt, die Theorieblöcke ziehen sich über regulär acht Stunden. In diesen Phasen können die Kinder allerdings in der Betriebs-Kita von Helios untergebracht und betreut werden.
Kritik kommt von Vollzeit-Beschäftigten
Auch wenn die Verantwortlichen und Organisatoren ein zufriedenes Fazit ziehen und den älteren und teils schon pflegeerfahrenen Auszubildenden dank ihrer größeren Lebenserfahrung ein höheres Niveau und Engagement attestieren, herrscht nicht überall eitel Sonnenschein. So seien nicht alle Mitarbeiter und Vollzeit-Azubis in Hildesheim immer nur begeistert von dem Modell, wie Christiane Ernst, Leiterin des Hildesheimer St.-Paulus-Heims und zuständig für die Praxis, angibt.
Die verkürzten Arbeitszeiten, der spätere Dienstbeginn und die fehlenden Wochenenddienste der Teilzeit-Azubis "schmecken nicht jedem", wie sie weiß. Den Kritikern hält sie dann entgegen, dass die Teilzeit-Azubis für die anderen Beschäftigten und Auszubildenden tatsächlich eine Entlastung darstellen: "Wären sie nicht da, gäbe es keinen Ersatz für sie."
An der Basis herrscht Skepsis
Bei ambulanten Pflegediensten ist das Teilzeit-Modell oft noch nicht angekommen oder wird von potenziellen Bewerbern kaum genutzt. So gibt Bettina Schulze von Arbor Ambulante Pflege im nordrhein-westfälischen Solingen an, dass sich bislang kein Interessent auf die auch von Arbor angebotene Teilzeit-Ausbildung beworben habe. "Normalerweise müssen wir noch nicht einmal werben, um Azubis zu bekommen", sagt sie.
Finde sich tatsächlich einmal ein Bewerber, würde man diesen zuvor auf Herz und Nieren und vor allem sein Durchhaltevermögen prüfen. Der "lange Atem" sei auf jeden Fall notwendig, da die Ausbildung je nach Ausgestaltung bis zu fünf Jahre dauern könne. Es hänge insofern noch mehr als sonst von der Persönlichkeit des Bewerbers ab, sagt Schulze.
Sven Schneider