"Wir haben kein Problem mit der Abwanderung ins Krankenhaus"
Die generalistische Ausbildung führe dazu, dass die Azubis ins Krankenhaus abwandern, sagen Kritiker der Umstellung. Manchmal berichten sogar Azubis selbst über Abwerbeversuche von Krankenhäusern. Doch gibt es wirklich eine relevante Zahl von Azubis, die vom Pflegeheim in die Klinik wechseln? Care vor fragte Bernhard Schneider, Hauptgeschäftsführer der Evangelischen Heimstiftung, dem größten diakonischen Pflegeunternehmen in Deutschland.
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Herr Schneider, Zahlen zu einer möglichen Abwanderung von Auszubildenden von der Altenpflege ins Krankenhaus gibt es offenbar nicht. Selbst die Krankenhausgesellschaft in Baden-Württemberg, die auch Altenpflegeeinrichtungen vertritt, hat keine Daten dazu. Was erleben Sie in der Heimstiftung? Beobachten Sie Abwanderungstendenzen?
Bernhard Schneider: Das möchte ich differenzierter betrachten. Eine flächendeckende Abwerbung können wir nicht beobachten. Wir haben keine Statistik, wer wann, wo und warum ausscheidet. Aber es kommt schon vor, dass Altenpflegekräfte vom benachbarten Krankenhaus abgeworben werden – aber es kommen auch Pflegekräfte aus dem Krankenhaus in unsere Pflegeheime. Von Abwanderungstendenzen würde ich deshalb bei uns aber nicht sprechen. Das liegt sicherlich auch daran, dass wir als diakonische Einrichtung einen guten Tarifvertrag haben und genauso viel zahlen wie Krankenhäuser – es sei denn, die können mit übertariflichen Zulagen locken. Für private Träger ist die Bezahlung vielleicht eher ein Problem – auch wenn sie wegen des Tariftreuegesetzes jetzt schon viel besser zahlen als noch vor einigen Jahren.
Selbst wenn das Gehalt stimmt: Ich habe von Altenpflegeschülern gehört, denen die Pflegekräfte im Krankenhaus die Altenpflege versucht haben, madig zu machen mit Sprüchen wie: "Was willst du in der langweiligen, uncoolen Altenpflege – da passiert doch nichts."
Die Altenpflege ist alles andere als uncool. Es gibt viele Vorteile gegenüber den Krankenhäusern: Sie ist viel weniger durch den Arzt bestimmt. Im Pflegeheim sind die entscheidenden Personen die Pflegekräfte, im Krankenhaus hingegen hockt immer der Arzt obendrauf. Und die Besonderheiten der Altenpflege vermitteln wir auch den Auszubildenden aus den Krankenhäusern, die im Rahmen der Kooperationsverträge zu uns kommen.
Und was übrigens den Umgang mit der Technik im Krankenhaus angeht: Natürlich gibt es im Pflegeheim keine Apparatemedizin – wer das braucht, bleibt am besten in der Klinik. Aber bei uns gibt es richtig coole Technik, von Betreuungstablets, sprachgesteuerter Pflegedoku bis zum Einsatz von Naval unserem Sozialroboter. Das alles sorgt dafür, dass wir kein großes Problem mit Abwanderung in die Krankenhäuser haben. Schwieriger dürfte es aber für Pflegeheime sein, die in größerem Umfang Fachkräfte aus dem Ausland angeworben haben.
Warum ist es für diese Einrichtungen schwieriger?
Viele ausländische Pflegekräfte sind auf das Krankenhaus fixiert, weil sie von zu Hause aus nichts anderes kennen. Die Altenpflege ist für viele keine ernstzunehmende Profession. Auch wir haben die Erfahrung zum Beispiel mit Pflegefachkräften aus China und Spanien gemacht, die nach relativ kurzer Zeit wieder nach Hause oder in ein Krankenhaus ihrer Wahlstadt gewechselt sind.
Was können Pflegeeinrichtungen unternehmen, um Ihre Auszubildenden zu halten?
Wie ich schon sagte: Ein gutes Gehalt schadet nicht. Bei uns bekommen Pflegefachkräfte mit zwei Jahren Berufserfahrung 3.800 Euro Grundgehalt, dazu kommen zahlreiche Zulagen, darunter auch eine Besonderheit: eine Familienzulage von 100 Euro. Dann lohnt es sich auch, die verschiedenen Einsatzbereiche und Karrierewege hervorzuheben: beispielsweise die Tagespflege, die mobile Pflege, die Palliativpflege. Pflegekräfte können sich fachlich weiterentwickeln und beispielsweise als Praxisanleitung, gerontopsychiatrische Fachkräfte oder Wundexpertin arbeiten – was mit weiteren Zulagen verbunden ist. Außerdem gibt es bei uns verschiedene Traineemaßnahmen, mit denen sich Mitarbeitende zur Pflegedienstleitung oder bis zur Hausdirektion weiterentwickeln können.
Und noch ein Pluspunkt, der häufig unterschätzt wird: schöne Arbeitsplätze. Im Gegensatz zu großen, unpersönlichen Klinikkomplexen bieten unsere kleinen wohnortnahen Pflegeheime, die alle nach dem Wohngruppenmodell betrieben werden, schöne Arbeitsplätze. Überall wo das möglich ist, setzen wir unser Konzept "Blühende Gärten" um, an dem sich auch Mitarbeitende beteiligen können. Dann schauen sie auf Gärten, Blumenbeete und blühende Sträucher und nicht auf einen Krankenhausparkplatz oder die Notaufnahme. Und was viele Pflegekräfte ebenfalls sehr schätzen sind die kleinen, familiäre Wohngruppen mit 15 Plätzen – das ermöglicht eine ganz persönliche Beziehung zu den Bewohnern und schafft eine ganz andere Arbeitsatmosphäre als auf einer 50-Betten-Station im durchgetakteten Krankenhausbetrieb.
Das Interview führte Kirsten Gaede