Im Oktober 100.000 Menschen auf Jobsuche in der Pflege
Die Zahl ist angesichts des Personalmangels irritierend: Im Oktober waren bei der Agentur für Arbeit rund 100.000 Arbeitssuchende in der Alten- und Krankenpflege gemeldet. Und trotzdem dauert es fast zehn Monate, bis eine offene Stelle in der Altenpflege besetzt wird. Das geht aus der Antwort des Bundesarbeitsministeriums auf eine AfD-Anfrage hervor. Wie passt das zusammen? Arbeitgeber versuchen das Missverhältnis unter anderem so zu erklären: Nicht jeder, der eine Ausbildung absolviert habe, sei für den Beruf geeignet.
2015, als die Personalnot in Heimen und ambulanten Diensten noch nicht ganz so groß war wie heute, gab es in Deutschland rund 35.000 Arbeitslose in der Altenpflege. Inzwischen ist deren Zahl auf 40.000 gestiegen. Dazu kommen noch einmal 20.000 arbeitslose Krankenpfleger, deren Zahl sogar um 8.000 höher liegt als vor neun Jahren.
Zu diesen Zahlen addieren sich rund 25.000 Arbeitssuchende, die in Lohn und Brot stehen, aber einen neuen Job in der Altenpflege suchen. In der Krankenpflege sind dies 15.000 arbeitende Menschen, die einen neuen Job suchen. Das bedeutet zusammengerechnet: In diesem Herbst suchen 100.000 Menschen eine Stelle in der Alten- und Krankenpflege.
Trotzdem dauert die Stellenbesetzung in der Altenpflege mit durchschnittlich 296 Tagen fast doppelt so lange wie im Jahr 2015, als im Durchschnitt 152 Tage vergingen, bis eine Stelle neu besetzt war. In der Krankenpflege sieht es mit 269 Tagen kaum besser aus.
Verbandschef hält manche Pflegekräfte für den Job ungeeignet
Wie lassen sich diese Zahlen angesichts des Personalnotstands in der Pflege erklären? Warum werden die offenen Stellen nicht mit Arbeitsuchenden besetzt? Alexander Schraml, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes der kommunalen Senioren- und Behinderteneinrichtungen (BKSB) hat neben anderen Gründen auch diese Erklärung: "Leider sind nicht alle Menschen, die formal eine Ausbildung in der Pflege absolviert haben, auch für diesen Beruf geeignet." Es passiere relativ häufig, dass von der Agentur für Arbeit vermittelte Pflegekräfte wegen mangelnder Qualifikation nicht eingestellt werden oder die Probezeit nicht bestehen.
"Pflegekräften wird das Wohlergehen von Menschen anvertraut. Fehler haben besonders gravierende Folgen auf das Leben, insbesondere das körperliche und psychische Wohlergehen der Pflegebedürftigen", sagt Schraml. Es sei deshalb nicht erstaunlich, dass Führungskräfte in Pflegeeinrichtungen sehr genau auf die Qualität ihres Personals achteten. "Das mag sich durch die strengen Prüfungen des Medizinischen Dienstes und der Heimaufsicht auch noch mal verstärkt haben", sagt der BKSB-Vorsitzende.
"Gleichwohl ist es selbstverständlich, dass Pflegeeinrichtungen es zurzeit notgedrungen auch mit weniger qualifizierten Bewerbern probieren", weiß Schraml von Kollegen und aus eigener Erfahrung. "Sie müssen aber in der Probezeit die Reißleine ziehen, wenn die Arbeit der Pflegekraft nicht zu verantworten ist."
Kirsten Gaede