Ende des Jahres geht der Pflegeversicherung das Geld aus
Trotz der Beitragserhöhung im vergangenen Jahr hat die soziale Pflegeversicherung bald kein Geld mehr. Dies rechnet Anne-Kathrin Klemm (Foto), Vorständin des Dachverbands der Betriebskrankenkassen, vor. Die Ausgaben der Pflegeversicherung stiegen kontinuierlich an, allein im letzten Jahr um 6,5 Prozent. Deshalb werde ihr "bereits Ende 2024 das Geld ausgehen". Es sei mit einem Defizit von rund 1,4 Milliarden Euro zu rechnen.
Bis Ende 2025 könnte das Defizit bereits auf drei Milliarden Euro anwachsen, prophezeit der BKK-Dachverband. Der Ausgleichsfonds der sozialen Pflegeversicherung wird demnach Ende 2024 einen negativen Saldo von rund einer Milliarde Euro aufweisen und bis Ende 2025 auf rund 4,4 Milliarden. Euro steigen. "Damit ist klar: Die soziale Pflegeversicherung ist ein dringender Sanierungsfall", sagt BKK-Vorständin Anne-Kathrin Klemm.
"Die Strukturreformen und das Finanzproblem in der Pflegeversicherung wurden viel zu lange verschleppt", so Klemm. Es sei den Menschen nicht mehr zuzumuten, dass die Beiträge zur Pflegeversicherung im zweiten Jahr in Folge weiter steigen. "Für mehr finanzielle Stabilität braucht die soziale Pflegeversicherung in einem ersten Schritt die von der Bundesregierung bereits im Koalitionsvertrag zugesagte Entlastung von versicherungsfremden Leistungen."
Pflege sei zudem eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und müsse daher auch perspektivisch mit Steuermitteln unterstützt werden. "Es kann nicht sein, dass die Versichertengemeinschaft mit steigenden Beiträgen immer wieder allein die Zeche zahlt", so Klemm.
"Stell Dir vor, die Pflegeversicherung ist pleite und keiner hat's rechtzeitig bemerkt", überschreibt der BKK-Dachverband provokant ihr Positionspapier mit Vorschlägen zur Finanzierung. "Wir müssen sowohl die Gesamtstruktur des Leistungs- und Vertragsrechts der Pflegeversicherung, als auch die Ausgabenseite in den Blick nehmen." Die Tatsache, dass 80 Prozent der Pflegebedürftigen zu Hause betreut würden, stelle die undifferenzierte Bezuschussung des Eigenanteils von Heimbewohnern infrage. Er sei eine Diskriminierung der zu Hause Gepflegten.
Die Entlastung von Heimbewohnern durch einen Zuschuss zu den Pflegekosten sei ursprünglich mit 2,8 Milliarden Euro kalkuliert worden, so die BKK. "Im Jahr 2022 eingeführt, wird dieser Posten im Jahr 2024 bereits 5,62 Milliarden Euro betragen. Das ist eine Verdoppelung innerhalb von drei Jahren, und ein Ende ist nicht in Sicht."
Thomas Hartung